Rechteprofile gehören zu den wesentlichsten Innovationen, die innerhalb des Content-Blockchain-Projekts entwickelt werden. Dieser Beitrag versucht den Grundgedanken und die Motivation hinter diesem juristischen Konzept zu erklären und zu beschreiben, wie Rechteprofile verwendet werden können, um den Ablauf der Online-Lizenzierung von Inhalten zu erleichtern. Wir haben unsere Rechtsberater Ramak Molavi und Dr. Till Kreutzer gebeten, dies näher auszuführen.
Was ist ein Rechteprofil?
Till Kreutzer:
Ein „Rechteprofil“ ist der Inhalt einer anpassbaren Standardlizenz, die verwendet werden kann, um Rechte für die Verwendung eines urheberrechtlich geschützten Werkes zu gewähren. Rechteprofile bestehen aus einer Kombination vordefinierter Lizenz-Module. Jedes Modul beschreibt einen bestimmten Verwendungsfall wie „Reproduktion“ oder „Teilen“. Der Rechteinhaber, zum Beispiel ein Urheber, kann diese Module gemäß seiner Bedürfnisse und Präferenzen kombinieren, um die Lizenz zu erzeugen, die er potentiellen Nutzern des Inhalts anbieten möchte. Das Rechteprofil in Kombination mit anderen wesentlichen Aspekten wie der Befristung der Lizenz oder dem Preis wird „Smart License“ genannt.
Für wen sind diese Rechteprofile nützlich?
Wenn man sich das Rechte-Clearing im Internet ansieht, stellt man fest, dass wir von einem guten Ansatz weit entfernt sind. Versuchen Sie einmal, sich die Rechte für die Verwendung eines Bildes oder eines einzelnen Artikels zu sichern. Das ist zeitraubend und unbefriedigend. Autoren sind schwer aufzufinden, Kontaktmöglichkeiten rar, Lizenztexte schwierig und lang und häufig kaum verständlich. Rechte-Clearing im Internet funktioniert einfach nicht.
Das Content-Blockchain-Projekt hat zum Ziel, eine leicht zu benutzende Möglichkeit zu schaffen, Nutzungsrechte für digitale Inhalte wie Fonts, Bilder, Text, Musik und vieles mehr zu erwerben. Unser Prototyp wird es Benutzern erlauben, Inhalte und Lizenzen mittels einer leicht zu bedienenden Anwendung, die unmittelbare Rechtssicherheit garantiert, zu beziehen.
Urheber haben nun die gleiche einfache Möglichkeit, ihre Inhalte ohne Mittelsmänner einem Massenpublikum anzubieten. Auf diese Weise können auch Bedürfnisse abseits des Mainstreams besser bedient werden, da unser Entwurf in der Lage ist, die Schwelle hinsichtlich dessen drastisch zu senken, was an Zeit, Geld, Mühe und Expertise notwendig ist, um zu einer Lizenzvereinbarung zu kommen.
Ein weiterer Vorteil unseres Ansatzes ist seine Flexibilität. Wir befinden uns in einer Versuchsphase und können die Smart Licenses anhand der Rückmeldungen der Benutzer verbessern und an die Bedürfnisse des Publikums anpassen.
Einigen mag es bekannt vorkommen, sich eine Lizenz aus vorgefertigten Auswahlmöglichkeiten zusammenzustellen. Was ist die Motivation dahinter?
Till Kreutzer:
Das Grundprinzip ist vom Creative Commons Open Content Lizenzsystem übernommen (vgl. https://creativecommons.org/licenses/?lang=de). Anders als bei Creative Commons können unsere Smart Licenses für kommerzielles (nicht offenes) Lizenzieren verwendet werden. Der Grundgedanke ist jedoch derselbe: Wir wollen einen juristischen Werkzeugkasten schaffen, der die Lizenzierung in gleichem Maße für Benutzer wie für Rechteinhaber erleichtert, und wir wollen diesen Werkzeugkasten jedermann zugänglich machen. Lizenzierung ist – sieht man von offenen Lizenzen ab – noch immer ein komplexer und mühsamer Prozess. Diese Tatsache ist einem der wesentlichsten Potentiale des Internet abträglich: der Möglichkeit, Herausgeber zu sein. Während technisch gesehen heutzutage jeder leicht Distributor oder Herausgeber werden kann, halten rechtliche Probleme die Menschen häufig davon ab. Für nicht berufsmäßige Urheber oder Neulinge ist es einfach zu kostspielig und schwierig, rechtsgültige Lizenzen und Verträge zu erstellen. Und selbst für professionelle Verwerter ist die Lizenzierung ein sehr komplexer und kostspieliger Bestandteil ihres Geschäfts. Dies gilt insbesondere für online abgeschlossene, grenzüberschreitende Verträge. Diese Abläufe mittels einfach zu benutzender juristischer Technik und juristischer Werkzeuge zu vereinfachen, könnte die Transaktionskosten erheblich senken.
Welche Möglichkeiten eröffnet Ihr juristisches Konzept den Benutzern?
Till Kreuzer:
Das Konzept wird es ermöglichen, das Gewähren von Lizenzen mittels zweier Besonderheiten zu erreichen: 1. Es gibt nur eine begrenzte Auswahl von auswählbaren Modulen. Das macht es besonders Benutzern, die keine Experten sind, einfacher, die zur Verfügung stehenden Optionen zu verstehen, sich zu orientieren und die richtige Wahl zu treffen. 2. Es gibt unterschiedliche Versionen von den Rechteprofilen. Angelehnt an das Beispiel Creative Commons werden die Module und die Smart Licences, die sich von ihnen ableiten lassen, in drei Formen verfügbar sein: a) Eine „für Menschen lesbare“ Version, die die Art der Nutzung in einfachen Worten beschreibt, was für all jene einen großen Nutzen darstellt, die keine Experten sind, b) eine vollständige Version in „Juristenlatein“, die die juristische Gültigkeit der Rechteprofile sicherstellt, und c) eine maschinenlesbare Version, die von Computern interpretiert werden kann.
Unsere Rechteprofile werden in einer unbegrenzten Spanne von Anwendungsfällen einsetzbar sein, die sämtlich auf dem Machbarkeitsnachweis aufbauen, an dem wir gegenwärtig arbeiten. Zuerst werden wir eine gewisse Anzahl an Modulen entwickeln, die benötigt werden, um das Konzept anhand eines Prototyp-Lizenzmechanismus zu demonstrieren, der ebenfalls innerhalb unseres Projekts entwickelt wird. Natürlich lassen sich den ursprünglichen Modulen mit der Zeit weitere hinzufügen, vielleicht durch uns, hoffentlich aber auch durch andere Mitwirkende.
Wenn sich unser Konzept durchsetzt und weitere, darauf aufbauende Anwendungen geschaffen werden, die mit den kodierten Rechteprofilen interagieren können, könnten die Auswirkungen auf kommerzielle Lizenzierungen immens sein. Jeder Urheber sollte in der Lage sein, seine Werke lizenzieren zu können, ohne dabei auf Mittelsmänner wie Plattformen oder Verleger angewiesen zu sein und ohne juristischen Rat einzuholen. In weiterem Sinne könnte unser Mechanismus zu einem standardisierteren, internationalen Markt für Urheberrechts-Lizenzen beitragen.
Wie hängen die Rechteprofile mit dem ISCC zusammen, dem Identifier, der gegenwärtig vom Content-Blockchain-Projekt entwickelt wird? Welche Rolle spielen sie im Gesamtkonzept des Projekts?
Ramak Molavi:
Wir kennen Bezeichner wir die ISBN für Bücher, doch noch keine für einzelne digitale Erscheinungsformen wie einen Zeitschriftenartikel, ein Bild oder andere einzelne Inhalts-Elemente im Internet. Eine der Innovationen des Content-Blockchain-Projekts ist eine universelle Kennung, die all diese Formen digitaler Inhalte kennzeichnen kann. Wir nennen sie ISCC, den International Standard Content Code. Die Rechteprofile und die in ihnen enthaltenen Lizenzinformationen sind dazu bestimmt, parallel mit diesem ISCC verwendet zu werden. So lässt sich ein bestimmtes Rechteprofil eindeutig einer bestimmten Erscheinungsform von digitalem Inhalt zuordnen. All dies lässt sich mit einigen wenigen Mausklicks erreichen. Darüber hinaus sind der ISCC und die in den Rechteprofilen enthaltenen Informationen – insbesondere die Lizenz, die für den referenzierten Inhalt gilt – dazu konzipiert, gemeinsam auf einer Blockchain veröffentlicht zu werden. Dies eröffnet neue Möglichkeiten für den Handel mit Lizenzen und Inhalten.
Wir kombinieren in einem interdisziplinären Team konzeptionelle Prinzipien und juristische Expertise mit neuen technologischen Möglichkeiten, um Innovation und einfachere Abläufe in ein Segment zu bringen, das wahrlich der Verbesserung bedarf.